23.000 Kinder mehr von Armut oder Ausgrenzung betroffen
Wien (OTS) - Die einmal im Jahr von der Statistik Austria erhobenen Daten zu Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Österreich (EU SILC) zeichnen in Sachen Kinderarmut ein düsteres Bild. “Die Zahl der Kinder in Österreich, die in absoluter Armut leben bzw. von erheblicher materieller und sozialer Deprivation betroffen sind, hat sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt”, mahnt Volkshilfe Direktor Erich Fenninger einmal mehr den politischen Handlungsbedarf ein. Hier stiegen die Zahlen von 36.000 Kinder und Jugendliche 2022 auf 88.000 im Jahr 2023.
Die EU SILC-Daten sind eine wichtige Datenquelle zu Einkommen, Armut und Lebensbedingungen von Menschen in Österreich. Zwar hinken die Zahlen zu den Einkommen zeitlich immer hinterher, dennoch sind sie insgesamt betrachtet ein guter Gradmesser für die soziale Entwicklung im Land.
Insgesamt sind laut EU SILC 1.592.000 Menschen in Österreich von Armut oder Ausgrenzung gefährdet (17,7 Prozent, eine Zunahme um 0,2 Prozent). Blickt man auf Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, liegt diese Zahl bei 376.000. Das sind um 23.000 Kinder mehr als im Jahr davor. Auch bei Kindern aus einkommensarmen Haushalten verfestigt sich das Bild: konkret waren das 2022 316.000 Kinder und Jugendliche, nun sind es 325.000 Kinder unter 18 Jahren.
Kinderarmut in Österreich: Essen, Teilhabe und Wohnen als Problemlagen
In der Analyse blicken wir vor allem auf die Daten zur materiellen und sozialen Teilhabe am gesellschaftlichen Wohlstand (“Deprivation”). Mehr als 140.000 Kinder leben laut EU SILC in materieller Deprivation, also in einem Haushalt, für den wichtige Güter des täglichen Bedarfs nicht leistbar sind. 84.000 (2022: 78.000) Kinder leben in Haushalten, die es sich nicht leisten können, jeden 2. Tag Fleisch, Fisch oder eine vergleichbare vegetarische Speise zu essen, 75.000 (2022: 40.000) in Haushalten, die ihre Wohnung nicht angemessen warmhalten können. 379.000 (2022: 278.000) Kinder und Jugendliche bis 17 Jahren leben in einem Haushalt, der es sich nicht leisten kann, zumindest einmal im Jahr Urlaub zu machen. 176.000 (2022: 123.000) leben in Familien, die mit Zahlungen im Rückstand sind, 496.000 (2022: 363.000) in Familien, die unerwartete Ausgaben inder Höhe von 1.370 € nicht stemmen können. “Zur Einführung einer Kindergrundsicherung gibt es keine Alternative, wenn wir nicht länger zusehen wollen, wie die Familien immer mehr unter Druck geraten. Und: der Skandal Kinderarmut kostet uns als Gesellschaft 17 Milliarden Euro, seine Bekämpfung käme uns deutlich günstiger.”
„Was wir hier sehen, sind negative Entwicklungen in den Bereichen beim Warmhalten der Wohnung und in der sozialen Teilhabe: Das bestätigen auch unsere Begegnungen mit armutsbetroffenen Familien in der Sozialen Arbeit.“, betont Erich Fenninger. “Umso wichtiger wären echte Eingriffe in die Markt, um die Teuerung wirklich an ihren Wurzeln zu bekämpfen”, argumentiert Fenninger.
Finanzieller Druck auf Ein-Eltern-Haushalte bleibt hoch
Nach wie vor besonders unter finanziellem Druck sind Alleinerziehende: Knapp 50% (47,6%) der Ein-Eltern-Haushalte waren 2023 von Armut oder materieller Ausgrenzung bedroht. 815.000 Menschen waren dauerhaft von Armut betroffen. Aber auch in der Gesamtbevölkerung hat die Zahl der materiell und sozial deprivierten deutlich zugenommen: galten 2022 noch 2,3 % (201.000) der Bevölkerung als erheblich depriviert, waren es 2023 3,7 % (336.000). “Auch diese Zahlen zeigen uns, wie wichtig ein armutsfestes soziales Netz und eine Reform der Mindestsicherung, die Erhöhung des Arbeitslosengeldes und eine Jobgarantie sind. Gerade für Familien ist der Ausbau von qualitativ hochwertigen Bildung- und Betreuungsplätzen für Kinder unter 6 Jahren, die eine Vollzeiterwerbstätigkeit zulassen, von enormer Bedeutung”, so Fenninger abschließend.